Lexikon

Sozialvertrag

oder Gesellschaftsvertrag ist eine Art Gedankenexperiment, wonach jedermann im Staat diesem freiwillig Macht übertragen hat, damit dieser die Handlungsfähigkeit und Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger gewährleisten kann.

Soziologie

(lat. socius: Gefährte) ist eine Wissenschaft, die das menschliche Zusammenleben in Gemeinschaften und Gesellschaften theoretisch wie empirisch erforscht. Sie fragt z. B. danach, welche Werte den Handlungen von Menschen zugrunde liegen, wie Menschen miteinander kommunizieren oder welche Bevölkerungsgruppen besonders von Armut betroffen sind und welche Gründe es hierfür gibt.

Spiritual Care

meint spirituelle Begleitung. Ihr Ziel ist, geistig-seelische Schmerzen zu lindern, die vor allem in den Fragen nach Schuld und dem Warum, Wozu und Wohin der menschlichen Existenz gründen. In der Palliativmedizin und Hospizbewegung wird spirituelle Begleitung als unverzichtbar angesehen, weil seelisches und körperliches Leid einander verstärken können. Eine Linderung von seelischem Leid soll somit auch das körperliche Leid erträglicher machen.

Spirituals

nennt man die Lieder der schwarzen Sklaven Amerikas; darin gaben sie ihrer Sehnsucht nach Freiheit Ausdruck. Aus den Spirituals entwickelten sich Anfang des 20. Jahrhunderts die »black gospels«, die oft von einer Jazzband begleitet wurden. Gospelchöre gibt es heute auch bei uns in vielen Gemeinden.

Sprechakttheorie

beschäftigt sich mit der Frage, wie Menschen durch Sprache handeln. Dabei wird zwischen verschiedenen Arten von Sprechakten unterschieden, die sich gleichzeitig in einer Sprechhandlung vollziehen. Bspw. wird durch Laute etwas über etwas außerhalb der Sprache Liegendes ausgesagt, womit i. d. R. bestimmte Absichten verbunden sind. Zugleich wird explizit oder implizit mitgeteilt, welche kommunikative Funktion der Sprechakt hat: Soll z. B. etwas behauptet oder festgestellt werden oder wird gewarnt? Dass mit dem Sprechen auch etwas direkt »bewirkt« wird, wird in bestimmten Fällen besonders deutlich: Durch Sprache »vollzieht« sich etwas (engl. to perform), wie z. B. das Ja-Wort bei der Eheschließung und im religiösen Bereich das Taufen und das Segnen. Man spricht dann von performativen Äußerungen bzw. Sprechakten.

SSW

Schwangerschaftswoche; die frühere Zählweise von Schwangerschaftswochen, die von dem Zeitpunkt der (vermuteten) Befruchtung ausgeht und in der Regel bei Gesetzestexten vorliegt, wird in Deutschland zunehmend durch eine Zählweise abgelöst, die ab dem ersten Tag der letzten Periodenblutung rechnet.

Standesethik

ethisches Nachdenken, das sich auf einen bestimmten Berufsstand bezieht und dessen Handeln, dessen Werte und Normen in den Blick nimmt, z. B. ärztliche oder journalistische Ethik.

Star

(engl. star: Stern)ist die Bezeichnung für einen Menschen, der aufgrund seiner Leistungen auf einem bestimmten Gebiet besonders berühmt ist und dem eine besondere öffentliche bzw. mediale Aufmerksamkeit zuteil wird. Insbesondere Musik-, Film- und Theaterkünstler/innen werden als »Stars« bezeichnet, aber auch herausragende Sportler/innen. Aufgrund der häufigen Verwendung des Begriffs finden sich inzwischen Steigerungsformen wie Super- und Megastar. Hinter jedem »Star« steht meist eine erfolgreiche Vermarktungsstrategie des »Images« des/der Prominenten.

Stasi

Stasi: Das Ministerium für Staatssicherheit, bekannt v. a. unter der Abkürzung »Stasi«, war als Regierungseinrichtung in der DDR zugleich Geheimdienst und Geheimpolizei. Aufgabe war insbesondere die Überwachung der eigenen Bevölkerung, um eine mögliche Opposition oder politischen Widerstand zu unterbinden. Hierzu wurde ein sehr ausgeklügeltes Überwachungs- und Spitzelsystem aufgebaut.

status confessionis

meint, dass es hier um entscheidende Fragen geht, bei denen der eigene Glaube auf dem Spiel steht, also einen Bekenntnisnotstand.

Steffensky, Fulbert

(*1933), war zunächst Benediktinermönch; 1969 konvertierte er zum evangelisch-lutherischen Bekenntnis und heiratete die Theologin Dorothee Sölle. Mit ihr gründete er 1968 das »Politische Nachtgebet« in Köln. Von 1975 bis 1998 war er Professor für Religionspädagogik in Hamburg.

Stereotyp

(von griech. stereos: fest, typos: Gestalt) bezeichnet auf eine soziale Gruppe bezogene, stark verfestigte Ansichten. Den Mitgliedern werden unisono bestimmte Eigenschaften, Fähigkeiten und Handlungsweisen zu- oder abgesprochen, was Abgrenzung oder umgekehrt Identifikation erleichtert, zumal das Stereotyp immer emotional (positiv oder negativ) aufgeladen ist. Die Abgrenzung zum Klischee ist z. T. kaum möglich. Gängige Stereotype sind z. B. das Klischee des fleißigen Deutschen oder des höflichen Engländers.

Stoa

Stoa: Die Stoa ist neben der Schule des Epikur eine der wichtigsten im Hellenismus neu entstandenen philosophischen Richtungen der griechischen Antike. Gegründet um 300 v. Chr. von Zenon aus Kition, benannt nach ihrem ersten Ort, der »bunten Säulenhalle (stoa)« in Athen, prägen sie u. a. folgende Grundgedanken: Alles Weltgeschehen ist zyklisch und mündet periodisch in einen großen Weltenbrand. Alle Materie ist von göttlicher Vernunft (logos) durchdrungen. Vernunftgemäß leben heißt deshalb, in Übereinstimmung mit der Natur leben. Glück (eudaimonia) kann nur durch das völlige Freisein von Affekten (Apathie) erreicht werden, weswegen man eine ausgefeilte Meditations- und Selbsterforschungspraxis entwickelte. Sie machte die Stoiker zu »Psychotherapeuten« (im wörtlichen Sinn), u. a. auch am römischen Kaiserhof. Mit ihrem Aufruf zu politischem Engagement war die Stoa am ehesten anschlussfähig für römisches Denken. Am Kaiserhof wirkte der jüngere Seneca (Lucius Annaeus Seneca, 1–65 n. Chr.) als Erzieher des späteren Kaisers Nero. Seneca verfasste Dramen und kleinere philosophische Abhandlungen; die 124 Briefe an Lucilius, eine Art Grundkurs stoischen Denkens in Briefform, stammen aus seinen letzten Lebensjahren vor dem von Nero erzwungenen Suizid. Nur kurze Zeit seines Lebens verbrachte Epiktet (50–138 n. Chr.) in Rom. Er war wohl als griechischer Sklave dorthin gekommen und gründete nach seiner Vertreibung eine eigene Philosophenschule in Griechenland. Epiktet radikalisierte das Freiheitsthema, auch im Sinne moralischer Autonomie des Einzelnen, und wendete sich dem entsprechend noch stärker der Ethik zu als seine Vorgänger.

Stoiker

sind Philosophen, die in Einheit mit sich und der Natur leben wollen und alles ablehnen, was gegen die Vernunft ist.

Storyboard

Das Storyboard ist die gezeichnete Umsetzung eines Drehbuches. In ihm sind die Vorgaben des Regisseurs und des Kamera­manns zu allen Filmszenen skizziert, damit beim Dreh nichts dem Zufall überlassen bleibt. Es hält z. B. die Größen des Bildausschnittes, die Blickwinkel oder auch Bewegungen der Schau­spieler fest.

Strauss, Levi

Strauss, Levi (1829–1902) war ein amerikanischer Industrieller deutsch-jüdischer Herkunft. Er wurde als Löb Strauss im fränkischen Buttenheim bei Bamberg geboren. Sein Vater, ein Hausierhändler, starb 1845 an Tuberkulose. Wie die meisten Jüdinnen und Juden auf dem Land lebte die Familie Strauss – weitgehend unberührt von den Emanzipationsbewegungen in den Städten – nach alten jüdischen Traditionen und in bedrückender Armut. In Bayern beschränkte seit 1813 ein Gesetz die Zahl von Juden an einem Ort (und damit ihre Heirat und Nachkommenschaft). Darum entschlossen sich viele Angehörige des verarmten Land-judentums zur riskanten und mühevollen Auswanderung. Auch Löbs Mutter folgte 1847 mit ihren drei jüngeren Kindern ihren beiden älteren Söhnen nach New York. Dort handelte Levi zunächst mit Stoffen, bevor er den »Goldrausch« nutzte und von San Francisco aus robuste Arbeitskleidung an die Schürfer verkaufte. Berühmt wurden seine Arbeiterhosen aus robustem, mit Nieten verstärktem Canvas, die (späteren) Jeans. In seinem Geburtshaus in Buttenheim befindet sich heute ein Museum.

Strauss, Levi

Strauss, Levi (1829–1902) war ein amerikanischer Industrieller deutsch-jüdischer Herkunft. Er wurde als Löb Strauss im fränkischen Buttenheim bei Bamberg geboren. Sein Vater, ein Hausierhändler, starb 1845 an Tuberkulose. Wie die meisten Jüdinnen und Juden auf dem Land lebte die Familie Strauss – weitgehend unberührt von den Emanzipationsbewegungen in den Städten – nach alten jüdischen Traditionen und in bedrückender Armut. In Bayern beschränkte seit 1813 ein Gesetz die Zahl von Juden an einem Ort (und damit ihre Heirat und Nachkommenschaft). Darum entschlossen sich viele Angehörige des verarmten Land-judentums zur riskanten und mühevollen Auswanderung. Auch Löbs Mutter folgte 1847 mit ihren drei jüngeren Kindern ihren beiden älteren Söhnen nach New York. Dort handelte Levi zunächst mit Stoffen, bevor er den »Goldrausch« nutzte und von San Francisco aus robuste Arbeitskleidung an die Schürfer verkaufte. Berühmt wurden seine Arbeiterhosen aus robustem, mit Nieten verstärktem Canvas, die (späteren) Jeans. In seinem Geburtshaus in Buttenheim befindet sich heute ein Museum.

Strawinsky, Igor

(*1882 in Russland, † 1971 in den USA), ist einer der bedeutendsten modernen Komponisten. Er schrieb Opern, Chorwerke, Ballette, Orchester- und Klaviermusik, darunter auch das Ballett »Le sacre du printemps« (Die Frühlingsweihe).

Stuttgarter Schulderklärung

wird die Er­klärung führender Vertreter der Bekennenden Kirche genannt, die das Versagen der evangelischen Kirche während der NS-Zeit zum Aus­druck bringen sollte. Sie wurde am 19. Oktober 1945 verlesen. Darin heißt es: »Durch uns ist unendliches Leid über viele Länder und Völker gebracht worden. [...] Wohl haben wir lange Jahre hindurch im Namen Jesu Christi gegen den Geist gekämpft, der im nationalsozialistischen Gewalt­regi­ment seinen furchtbaren Ausdruck gefunden hat; aber wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.« Obgleich hier eine eigene Schuld nur relativ vorsichtig angedeutet wird, löste die Veröffentlichung in Deutschland Empörung und Ablehnung aus.

Subhanak

Subhanak: Das Subhanak-Gebet (nach dem arabischen Beginn der Zeilen »Gepriesen seist du …«) ist ein Gebet oder Gebetsteil, der in zahlreichen muslimischen Gebeten, so beispielsweise beim Morgen-, Mittags- und Abendgebet, eingefügt wird, um Gottes Ehre durch Loben zum Ausdruck zu bringen.

Sufi

Sufi: Als Sufi bezeichnet man einen Anhänger des Sufismus. Dieser Begriff bezieht sich auf z. T. sehr unterschiedliche mystische Strömungen im Islam, bei denen einmal mehr die asketische Weltverneinung, ein andermal eher die ekstatische Weltbejahung im Vordergrund steht. Die Anfänge des Sufismus liegen im heutigen Irak. Ab dem 12. Jahrhundert entstanden in der islamischen Welt sog. »Sufi-Orden«, die meist nach ihren Gründern benannt sind. Sufis verstehen ihr Leben als einen Weg hin zur Überwindung alles Weltlichen, den sie mit Hilfe eines spirituellen Meisters bewältigen können.

Sühne

Sühne: Von Sühne spricht man im juristischen Sprachgebrauch, wenn eine Schuld oder ein Verbrechen, das nicht wieder gut gemacht werden kann, durch eine (Ersatz-)Leistung ausgeglichen wird. In den Religionen sind es häufig Opfer oder andere kultische Handlungen, mit denen Schuld ausgeglichen werden soll. In Bibel und christlicher Tradition wird Jesu Tod als »Sühne« gedeutet: Durch seinen Tod, den er stellvertretend für die Sünde der Menschen erleidet, wird Versöhnung mit Gott erreicht. Von Theologen und Theologinnen wird heute oft das dahinterstehende Gottesbild kritisiert: Braucht Gott, um gnädig gestimmt zu werden, das Opfer eines Unschuldigen? Das Bild der stellvertretenden Sühne kann wie das des Opfers nicht die einzige Deutung des Todes Jesu »für uns« sein, doch weist es darauf hin, dass Versöhnung nicht »billig« zu haben ist und dass die Menschen es allein nicht schaffen, die Trennung von Gott zu überwinden. Gott selbst gibt dafür sein Liebstes dahin, Gott stirbt selbst am Kreuz.

Sukkot (Laubhüttenfest)

Das Laubhüttenfest, bei dem Juden in selbstgebauten provisorischen Hütten wohnen, durch deren Dach man den Himmel sieht – zur Erinnerung an die Zeit der Wüstenwanderung und als Zeichen dafür, dass das Leben unsicher und »in Bewegung« ist und dass die Menschen auf Gottes Güte angewiesen sind. Das Fest ist zugleich Erntedankfest (v. a. Obst und Wein). Am letzten Tag wird Simchat Tora, das Fest der Torafreude, gefeiert.

Sunniten und Schiiten

sind weltweit die beiden Hauptrichtungen im Islam. Die Sunniten, welche zahlenmäßig die große Mehrheit bilden (fast 90 Prozent; in manchen Ländern, v. a. Irak, sind allerdings Schiiten in der Mehrzahl), nehmen neben dem Koran auch die Sunna (die mündliche Überlieferung von Leben, Wirken und Aus­sprüchen Muhammads) als Glaubensquelle an. Sie erkennen auch die Kalifen als Glaubens­führer an, die nicht der direkten Nachkommen­schaft Mu­ham­mads entstammen. Schiiten akzeptieren hingegen einzig Nachkommen von Muhammads Vetter Ali als religiöse Führer (Imame). Die meis­ten Muslime in Deutschland sind Sunniten; die zweitgrößte Gruppierung bilden die Aleviten.

Susaninne

ist eine schon zu Luthers Zeiten veraltete Bezeichnung für »Wiegenlied«. Die genaue Herleitung ist umstritten.

Sutra

(sanskr.): heiliger Text des Buddhismus. Die ältesten Sutras sind in Pali verfasst, die jüngeren Mahayana-Sutras meist auf Sanskrit.

Sutter Rehmann, Luzia

(* 1960) arbeitet als Professorin für Neues Testament in der Schweiz. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Sozialgeschichte des Neuen Testaments, das Lukasevangelium, die feministisch-befreiungstheologische Exegese und die Apokalyptik. Luzia Sutter Rehmann hat an der Bibelübersetzung »Die Bibel in gerechter Sprache« mitgearbeitet.

Symbol

(griech.: Bild, Sinnbild, Zeichen) Zeichen, Dinge, Worte oder Handlungen, deren Bedeutung über das, was man im ersten Moment sieht oder hört, hinausreicht, nennt man Symbole. Hinter der äußeren, sichtbaren Gestalt eines Symbols gibt es eine andere, unsichtbare Wirklichkeit, die wir nicht mit den Augen, sondern mit dem Herzen wahrnehmen und/oder dem Verstand zu erschließen versuchen. Ein Tisch ist beispielsweise in seiner sichtbaren Gestalt ein Möbelstück, das aus einer Platte und einem oder mehreren Beinen besteht. Er kann aber mehr sein – ein Treffpunkt, wo sich die Familie und Freunde versammeln, miteinander essen und reden. Für diese Familie ist ihr Esstisch zu einem Symbol für Gemeinschaft geworden. Weil es in den Religionen immer auch um eine Wirklichkeit geht, die man nicht unmittelbar sehen kann, spielen hier Symbole eine besonders große Rolle.